Nachgelagerte Besteuerung: Was bedeutet das?
Bis 2004 galt bei der Rente: Die Rentenzahlung setzte sich aus einem steuerpflichtigen und einem steuerfreien Teil zusammen. Der Grund: Jede Rente besteht zum Teil aus eigenem Kapital – durch die geleisteten Beiträge des Empfängers – und aus Zinsen. Dieser Anteil war grundsätzlich steuerpflichtig. Wie hoch der Ertragsanteil war, richtete sich nach dem Alter des Rentenberechtigten bei Rentenbeginn. Mit steigendem Alter fiel er entsprechend niedriger aus. Bei 57-Jährigen lag der Ertragsanteil bei 36 Prozent, 65-Jährige mussten nur noch 27 Prozent ihrer Rente versteuern.
Seit 2005 gilt: Der Staat fördert neben der finanziellen Basis-Versorgung fürs Alter auch privat finanzierte, kapitalgedeckte Renten. So können Beiträge zur Altersvorsorge steuermindernd (als Sonderausgabe) geltend gemacht werden. Dadurch ist die private Vorsorge fürs Alter mit geringeren finanziellen Belastungen während des Berufslebens verbunden. Gleichzeitig müssen Sie nun Ihre zuvor steuerlich begünstigte Rente im Alter versteuern. Die Umstellung erfolgt schrittweise: sowohl bei der immer geringeren Besteuerung der Altersvorsorge, als auch bei der zunehmenden Besteuerung der Rente.
Entscheidend für die Berechnung ist das Jahr des Rentenbeginns. Wer im Jahr 2005 erstmalig Rente bezog, muss die Steuer auf einen Anteil von 50 Prozent entrichten. Seitdem wächst pro Jahrgang der zu versteuernde Anteil, während der Rentenfreibetrag fällt. Erst die Jahrgänge, die 2040 oder später in den Ruhestand wechseln, müssen ihre gesamte Rente versteuern.
Hinweis
- Der Rentenfreibetrag wird erst im zweiten Jahr der Rente ermittelt und festgeschrieben. Ausgangspunkt ist die volle Bruttojahresrente.
- Wird die Rente erhöht, bleibt der Umfang des Freibetrags konstant. Gleichzeitig erhöht sich der steuerpflichtige Anteil. Der Rentenanpassungsbeitrag wird zu 100 Prozent versteuert.
- Entsprechend kann es sein, dass Rentner aufgrund gestiegener Rentenzahlungen erst nach Jahren steuerpflichtig werden.
Steuersätze für Rentner nach dem Alterseinkünftegesetz
Jahr | Zu versteuernder Anteil | Rentenfreibetrag |
---|
2018 | 76 % | 24 % |
2019 | 78 % | 22 % |
2020 | 80 % | 20 % |
2025 | 85 % | 15 % |
2030 | 90 % | 10 % |
2035 | 95 % | 5 % |
2040 | 100 % | 0 % |
Tipp
Mehr zum Thema Rentenbeginn lesen Sie in unserem Ratgeber Renteneintrittsalter.
Weitere Renten: Nicht nur die Altersrente, auch eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Hinterbliebenenrenten müssen Sie versteuern. Bei der Erwerbsminderungsrente ist das Jahr Ihres Rentenbeginns (wie bei der Altersrente) für die Höhe des Freibetrags entscheidend. Bei der Hinterbliebenenrente zählt der Zeitpunkt, an dem die Rente des verstorbenen Versicherten begann.
Tatsächliche Steuerlast: Viele Faktoren gehen in die Rechnung ein
Wie bei Berufstätigen fällt die tatsächliche Steuerlast von Rentnern sehr unterschiedlich aus. Viele Faktoren spielen eine Rolle: der Familienstand, Ihre Beiträge zur Krankenversicherung, weitere Einnahmen wie Betriebsrenten und Mieten – oder auch außergewöhnliche Belastungen, beispielsweise, wenn eine Schwerbehinderung vorliegt. Der Steuersatz ergibt sich grundsätzlich aus der Höhe des Jahreseinkommens. Für 2018 galten die in der folgenden Tabelle aufgeführten Werte. Die Höhe des steuerfreien Mindesteinkommens für Rentner steigt jährlich an.
Jahreseinkommen Alleinstehender | Jahreseinkommen Ehepaare | Steuersatz |
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Bis zu 9.000 Euro | Bis zu 18.000 Euro | Keine Steuer. |
9.001 Euro - 13.800 Euro | 18.001 - 27.600 Euro | 14–23 % |
13.801 - 54.950 Euro | 27.601 - 109.900 Euro | 24–42 % |
54.951 - 260.532 Euro | 109.901 - 521.064 Euro | 42 % |
Ab 260.533 Euro | Ab 521.065 Euro | 45 % |
Der Altersentlastungbetrag sinkt ebenfalls
Neben der gesetzlichen Rente können Rentner weitere Einkünfte haben. Dazu kann eine Nebentätigkeit zählen, genauso wie Zinsen aus Kapitalerträgen oder Mieteinnahmen. Wer seine Rente so aufstockt, kann mit Vollendung des 64. Lebensjahres vom Altersentlastungsbetrag profitieren und somit von einem weiteren Freibetrag bei der Steuer. Allerdings soll auch dieser bis 2040 abgeschafft werden. Bis dahin sinkt er jährlich Stück für Stück. Für alle ab 1975 Geborenen greift der Altersentlastungsbetrag nicht mehr.
Die Steuererklärung: Was muss ich beachten?
Rentner sind verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Das Finanzamt hat aber in der Vergangenheit viele Rentner von dieser Pflicht befreit, weil sie mit dem steuerpflichtigen Anteil unterhalb des Grundfreibetrags lagen. Aber das ändert sich durch die Anpassung der Besteuerung. Da ein immer größerer Teil der Rente steuerpflichtig wird, kann es sein, dass in Zukunft jeder Rentner eine Steuererklärung abgeben muss.
Um Sie bei der Erstellung der Steuererklärung zu unterstützen, stellt Ihnen Ihr Rentenversicherungsträger eine Bescheinigung über die gezahlte Rente, inklusive dem Anpassungsbetrag, aus. Mitunter müssen Sie diese Bescheinigung einmalig beantragen, um Sie dann automatisch jährlich zu erhalten. Den Anpassungsbetrag nutzt das Finanzamt, um die Besteuerung Ihrer Rente zu berechnen. Der Anpassungsbetrag, einzutragen in Anlage R der Steuererklärung, spiegelt die regelmäßigen Erhöhungen der Bruttorente wider.
Die Rentenanpassung
Termin | West | Ost |
---|
01.07.2016 | 4,25 % | 5,95 % |
01.07.2017 | 1,90 % | 3,59 % |
01.07.2018 | 3,22 % | 3,37 % |
01.07.2019 | 3,18 % | 3,91 % |
01.07.2020 | 3,45 % | 4,20 % |
Ebenfalls steuerlich geltend machen können Sie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, aber auch weitere Aufwendungen wie beispielsweise eine Unfall- oder Haftpflichtversicherung. Das gleiche gilt für die Werbekosten- und die Sonderausgaben-Pauschale. Grundsätzlich können Rentner wie Arbeitnehmer durch entsprechende Angaben in der Steuererklärung ihre Steuerlast senken.
Öffnungsklausel: Die Ausnahme von der Besteuerung
Wer während seines Berufslebens sehr hohe Rentenversicherungsbeiträge eingezahlt hat, kann von der sogenannten Öffnungsklausel profitieren. Diese Übergangsregel gilt ebenfalls bis 2040. Dafür müssen Rentner in ihrer Einkommenssteuererklärung nachweisen, dass sie mindestens zehn Jahre lang mehr als den Höchstbeitrag der gesetzlichen Rentenversicherung vor 2005 gezahlt haben. Eine Bescheinigung darüber kann beispielsweise die Deutsche Rentenversicherung ausstellen. Auf diese Beiträge wendet das Finanzamt dann eine günstigere Besteuerung an.
Die Muster-Rente: Welche Auswirkungen hat das Versteuern?
Die Deutsche Rentenversicherung schätzte vor einigen Jahren, dass „fast drei Viertel aller Rentnerhaushalte“ zurzeit keine Steuern auf ihre Renten zahlen. Grund: Sie haben keine weiteren Einnahmen (beispielsweise Miete) und das zu versteuernde Renteneinkommen liegt unterhalb des steuerlichen Grundfreibetrages. Aber in den nächsten Jahren wird sich dies aufgrund der nachgelagerten Besteuerung immer mehr ändern.
Auch ein Rentner, dessen Beiträge nur durchschnittlich hoch waren, muss seine Rente dann entsprechend versteuern. Wie wird sich die Besteuerung der Rente in den nächsten Jahren auswirken? Der Berechnung für die folgende Muster-Rente liegen für die jeweiligen Jahrgänge die aktuellen gesetzlichen Rahmendaten zugrunde. Die Ausgangsdaten sind:
- Brutto-Rente 15.686 Euro
- Werbungskostenpauschale 102 Euro
- Sonderausgabenpauschale 36 Euro
- Vorsorgeaufwendungen 1.286 Euro
Eintrittsjahr | Steuerpflichtiger Anteil | Zu versteuern | Einkommensteuer | Nettorente pro Jahr |
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2005 | 50 % | 7.792 Euro | 0 Euro | 14.400 Euro |
2010 | 60 % | 9.350 Euro | 65 Euro | 14.335 Euro |
2015 | 70 % | 10.908 Euro | 334 Euro | 14.066 Euro |
2020 | 80 % | 12.467 Euro | 647 Euro | 13.753 Euro |
2025 | 85 % | 13.246 Euro | 819 Euro | 13.581 Euro |
2030 | 90 % | 14.025 Euro | 1.009 Euro | 13.391 Euro |
2040 | 100 % | 15.584 Euro | 1.461 Euro | 12.939 Euro |