Eine weitverbreitete Meinung ist, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu teuer ist und eine Unfallversicherung völlig ausreichend ist. Die Unfallversicherung ist günstiger als die Berufsunfähigkeitsversicherung – sie sichert aber nur Unfälle ab. Aber unterschätze die Gefahren nicht! Im folgenden Artikel werden beide Versicherungen ausführlich verglichen. Wir erklären die Vor- und Nachteile der Berufsunfähigkeitsversicherung und der Unfallversicherung und zeigen, wann sich welche Versicherung lohnt.
Die Ratgeber bieten allgemeine Informationen. Produktdetails findest Du hier.
Erklärvideo zum Thema Berufsunfähigkeits- und Unfallversicherung im Vergleich

Diese Begriffe solltest Du kennen
Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherung?
Die Berufsunfähigkeitsversicherung gehört zu den wichtigsten Versicherungen, die jeder Erwerbstätige abgeschlossen haben sollte, aber viele nicht haben. Die private Unfallversicherung dagegen erfreut sich höchster Beliebtheit. Die statistischen Daten des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD Allensbach) legen eine enorme Diskrepanz offen: Während nur 25 % der privaten Haushalte in Deutschland eine Berufsunfähigkeitsversicherung hat, ist die Unfallversicherung im Vergleich deutlich häufiger vertreten. Laut IfD besitzen über 36 Prozent der Haushalte eine private Unfallversicherung.
Berufsunfähigkeitsversicherung vs. Unfallversicherung in Zahlen
- Anteil der Haushalte, die eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben: 25,3 Prozent
- Anteil der Haushalte, die eine private Unfallversicherung abgeschlossen haben: 36,2 Prozent
- Anteil, der Erkrankungen an Leib und Psyche als Ursache für eine Berufsunfähigkeit: 91 Prozent
- Anteil, der Unfälle als Ursache für eine Berufsunfähigkeit: 9 Prozent1,2
Dabei könnten die Fälle, in denen man Anspruch auf Leistungen hat, kaum unterschiedlicher verteilt sein. Die Unfallversicherung schützt gegen die finanziellen Folgen, wenn man infolge eines Unfalls zum Beispiel mit einem Mal schwerbehindert ist. Dann müssen gegebenenfalls Haus oder Wohnung umgebaut werden, oder behindertengerechte Elemente installiert werden. Doch das Risiko, einen derart schwerwiegenden Unfall zu erleiden, ist relativ gering. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ist nur in 9 Prozent ein Unfall die Ursache dafür, dass man nicht mehr arbeiten kann.
Viel häufiger bewirken schwere körperliche oder psychische Erkrankungen eine Berufsunfähigkeit. Gegen die hieraus entstehenden finanziellen Folgen schützt nur eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Das Risiko, im Laufe seines Lebens berufsunfähig zu werden, steigt kontinuierlich an. Aktuell scheidet jeder vierte Deutsche vorzeitig aus dem Berufsleben aus. Und der Trend zeigt, dass in Zukunft immer mehr Erwerbstätige ihren Beruf über einen längeren Zeitraum oder dauerhaft nicht mehr ausüben können. Der Hauptgrund hierfür ist die Zunahme von psychischen Erkrankungen wie zum Beispiel Burn-out.
Berufsunfähigkeitsversicherung: Die wichtigere Versicherung?
Berufsunfähigkeitsversicherung oder Unfallversicherung: Im Vergleich zeigt sich, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung die wichtigere Police ist. Wichtige Leistungen der Berufsunfähigkeitsversicherung:
- Monatliche Rente bei Berufsunfähigkeit
- Weltweiter Versicherungsschutz
- Dynamische Anpassung
- Nachversicherungsgarantie
Daher lautet die Empfehlung an alle Erwerbstätigen: Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist unverzichtbar. Sie zahlt zudem unabhängig vom konkreten Ereignis, das zur Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit führt. Schwere Unfälle sind somit inbegriffen. In die Berechnung der Prämie fließen ganz unterschiedliche Faktoren ein, sowohl individuelle Gegebenheiten wie Vorerkrankungen als auch allgemeine Faktoren wie Berufsrisiken. Daher unterscheiden sich die Beiträge zwischen den verschiedenen Berufen erheblich. Der Dachdecker muss wesentlich mehr bezahlen, als ein Arzt oder ein Bankkaufmann. Leistungen kannst Du meistens in Anspruch nehmen, wenn Du mehr als 6 Monate Deine aktuelle Tätigkeit zu 50 Prozent oder weniger ausüben kannst.
Der große Vorteil einer Berufsunfähigkeitsversicherung gegenüber der Unfallversicherung ist die Leistung bei Berufsunfähigkeit in Folge von Krankheiten und Unfällen. Mit der monatlichen Rente kann der gewohnte Lebensstandard aufrecht erhalten werden. Gerade für Jahrgänge nach 1961 ist eine private Berufsunfähigkeitsversicherung beinahe unverzichtbar, da die gesetzliche Absicherung auf ein Minimum reduziert wurde. Je nach Anbieter kann zudem die Rentenhöhe der Inflation und der allgemeinen Lebenssituation angepasst werden. Im ersten Fall solltest Du eine dynamische Anpassung vereinbaren, die die Rente (allerdings auch die Beiträge) regelmäßig erhöht. Der zweite Fall wird von der Nachversicherungsgarantie abgedeckt, sodass Du bei veränderten Familienverhältnissen (Heirat, Geburt etc.) die vereinbarte Rente anpassen kannst.
Berufsunfähigkeitsversicherung
Erklärvideo: Was kostet eine Berufsunfähigkeitsversicherung

Unfallversicherung: Der kleine Bruder der Berufsunfähigkeitsversicherung?
Eine Unfallversicherung zahlt, wenn man infolge eines Unfalls eine körperliche Schädigung erleidet. Der private Schutz geht dabei über den gesetzlichen hinaus, denn die gesetzliche Unfallversicherung ist nur für Unfälle am Arbeitsplatz und auf dem Weg von und zur Arbeit zuständig. Der gesamte Freizeitbereich und auch alle Tätigkeiten zu Hause sind nicht abgesichert. Wer beim Schneiden seiner Hecke von der Leiter fällt und wegen des Unfalls später sein Bein nicht mehr bewegen kann, bekommt von der gesetzlichen Unfallversicherung kein Geld, ebenso wenig wie der begeisterte Hobby-Fußballer, der nach einem Zusammenstoß mit einem gegnerischen Spieler ein Hirntrauma mit Spätfolgen erleidet.
Wichtige Leistungen der privaten Unfallversicherung
- Einmalige Kapitalleistung und/oder monatliche Rente bei Invalidität
- Leistung auch bei Unfällen infolge von Herzinfarkt oder Schlaganfällen
- Übernahme kosmetischer Operationen
- Zusätzliche Leistungen für Kinder, von Rooming-in für Eltern bis Absicherung bei FSME und Borreliose
- Unfall-Assistent
Wichtig ist die Unfallversicherung insbesondere für Hausfrauen und Hausmänner sowie für Selbstständige, die vom gesetzlichen Versicherungsschutz nicht erfasst werden. Sie tragen das Unfallrisiko zu 100 Prozent allein. Das gilt auch für Senioren, sofern sie das Arbeitsleben bereits vollständig hinter sich gelassen haben und keiner Zuverdienst-Tätigkeit nachgehen. Auch Kinder sind nur teilweise geschützt, wenn sie in eine Betreuungseinrichtung (Kindergarten oder Schule) gehen. Bei Aktivitäten in Jugend- und Freizeitzentren oder beim Sport greift der gesetzliche Unfallschutz ebenfalls nicht. Gerade für Kinder und Senioren gibt es eigene Versicherungsmöglichkeiten, die über die normale Unfallversicherung hinausgehen und Leistungen enthalten, die an die jeweilige Personengruppe angepasst sind.
Neben der reinen Invaliditätsleistung im Fall eines Unfalls bieten zahlreiche Versicherer mittlerweile auch etliche Zusatzleistungen. Diese gehen über Gesundheitsschäden durch Stürze, Sportverletzungen und andere Ursachen weit hinaus. So sind auch körperliche Beeinträchtigungen infolge von Schlaganfall und Herzinfarkt abgesichert, genauso wie Schäden, die beispielsweise durch Zeckenbisse und begleitende Infektionskrankheiten wie FSME oder Borreliose hervorgerufen wurden. Ebenso abgesichert sind Schäden bei Kindern durch Vergiftungen. Zudem können bei einigen Anbietern auch Assistenzleistungen vereinbart werden. Im Fall eines Unfalls übernimmt dann ein Unfallmanager die Neustrukturierung des Alltags, stellt den Kontakt mit Beratungsstellen her oder organisiert Einkaufshilfen oder Pflegedienste.
Gegenüber der Berufsunfähigkeitsversicherung spielt die Unfallversicherung im Vergleich ihre Stärken immer dann aus, wenn es sich um direkte Folgekosten eines Unfalls handelt. Denn im Fall eines Unfalls stellt diese Versicherung wesentlich mehr Leistungen sofort zur Verfügung als eine reine Berufsunfähigkeitsversicherung. So sind oft auch Bergungs- und Rettungskosten abgedeckt sowie kosmetische Operationen, sollten sie nach einem Unfall notwendig werden. Bei bestimmten schweren Verletzungen wie Amputationen von Hand oder Fuß beziehungsweise Querschnittslähmungen können auch Voraus-Zahlungen vereinbart werden. Dies ist von Vorteil, da die meisten Unfälle gar nicht zu einer Berufsunfähigkeit führen – kurzfristig aber hohe Kosten verursachen, wenn das Leben neu organisiert werden muss.
Unfallversicherung
Für wen lohnt sich die Berufsunfähigkeitsversicherung?
- Für Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind und mit erheblichen Einkommenseinbußen rechnen müssen.
- Für Auszubildende, Studenten und Berufseinsteiger, da in den ersten 5 Jahren (Wartezeit) normalerweise kein gesetzlicher Schutz besteht.
- Für Selbstständige und Freiberufler, da sie in der Regel nicht in die gesetzlichen Rentensysteme einzahlen und daher keinen Anspruch auf Leistungen wie die Erwerbsminderungsrente haben.
Vergleich | Berufsunfähigkeitsversicherung | Unfallversicherung |
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Für wen ist die Versicherung geeignet? |
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Welche Leistungen bietet die Versicherung? | Ursachen für Berufsunfähigkeit spielen keine Rolle. Die Berufsunfähigkeitsrente wird sowohl nach Krankheit als auch nach Unfall gezahlt. Voraussetzung ist eine Minderung der Berufstätigkeit um mindestens 50 Prozent. | Die Invaliditätsleistung wird im Falle eines Unfalls mit bleibenden körperlichen Schäden gezahlt. Die Leistung wird anhand der Gliedertaxe bestimmt. |
Ab welchem Alter kann die Versicherung abgeschlossen werden? |
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Welche Laufzeit ist möglich? |
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Welche Gesundheitsfragen sind zu beantworten? | Umfangreiche Angaben zur Krankengeschichte sind notwendig. | Nur wenige Angaben erforderlich. |
Wie hoch ist die Prämie? | Relativ hoch | Relativ niedrig |
Welche Varianten werden angeboten? |
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Es zählt mehr als nur Wahrscheinlichkeiten
Entweder/oder: Berufsunfähigkeitsversicherung vs. Unfallversicherung – so einfach ist die Sache nicht. Denn es kann sinnvoll sein, beide Policen abzuschließen. In manchen Fällen ist es sinnvoll, sich für eine Versicherung zu entscheiden. Daher solltest Du zunächst Deinen Bedarf überprüfen: Als Erwerbstätiger sollte Dir unbedingt daran gelegen sein, Deine Arbeitskraft abzusichern. Denn ob als Angestellter oder Selbstständiger – ohne den Verdienst kraft eigener Arbeit droht schnell der soziale Abstieg. Achte daher darauf, dass die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente auf jeden Fall Deinen Einkommensverlust auffangen kann.
Doch manchen Menschen ist der Zugang zur Berufsunfähigkeitsversicherung versperrt. Eine Unfallversicherung stellt dann entweder die preisgünstige Alternative dar, weil Risikozuschläge wegen Vorerkrankungen oder aufgrund der ausgeübten Tätigkeit zu hoch ausfallen. Auch wer keine Berufsunfähigkeitsversicherung mehr abschließen kann, weil er durch seine Krankengeschichte zu stark vorbelastet ist, kann einen Teil der Risiken durch eine Unfallversicherung abdecken. Gegebenenfalls ist es auch möglich, zumindest eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung abzuschließen.
Wer hingegen gerne sportlichen Aktivitäten nachgeht, sollte seine Berufsunfähigkeitsversicherung durch eine Unfallversicherung gezielt ergänzen. Denn für Freizeitsportler wie Snowboarder, Mountainbiker und Motorradfahrer lohnt sich eine Kombination beider Policen. Denn bei ihnen steigt die Wahrscheinlichkeit erheblich an, während der Freizeit einen Unfall zu erleiden. Auch für Deine Kinder ist es sinnvoll, eine Verbindung von Unfall- und Berufsunfähigkeitsschutz bzw. Erwerbsunfähigkeitsschutz zu vereinbaren. Denn für sie besteht noch keine gesetzliche Absicherung gegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Und der gesetzliche Unfallschutz gilt nicht für die Freizeitaktivitäten.
Fazit: Berufsunfähigkeitsversicherung als existenzielle Versicherung für jeden
Wenn sie nicht mehr arbeiten können, stellt sich für viele Erwerbstätige schnell die Existenzfrage. Umso stärker, wenn man nicht nur für sich selbst verantwortlich ist, sondern eine Familie zu versorgen, ein Darlehen oder Kredit abzuzahlen oder sonstige Verpflichtungen hat. Der gesetzliche Versicherungsschutz fällt in der Regel gering aus, für jüngere Erwerbstätige ist er praktisch nicht vorhanden. Bei der Unfallversicherung ist er zudem auf Arbeitszeit und Arbeitsweg beschränkt, Freizeitrisiken müssen grundsätzlich privat abgesichert werden.
Da es um ein Vielfaches wahrscheinlicher ist, aufgrund einer Krankheit – und in zunehmendem Maße aufgrund einer psychischen Erkrankung – berufs- oder erwerbsunfähig zu werden, ist die Berufsunfähigkeitsversicherung gegenüber der Unfallversicherung die wichtigere Police. Aber auch die private Unfallversicherung ist durchaus sinnvoll, wenn das Risiko besteht, privat einen Unfall zu erleiden. Dies betrifft insbesondere Motorradfahrer und Sportler. In diesem Fall ist die Gegenüberstellung Berufsunfähigkeitsversicherung vs. Unfallversicherung hinfällig, da beide Versicherungen erst zusammen den richtigen Versicherungsschutz bieten.
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https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167890/umfrage/versicherungsschutz-der-haushalte-in-deutschland
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/536354/umfrage/verteilung-der-ursachen-von-berufsunfaehigkeit-in-deutschland